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Yoga und Beckenboden, passt das zusammen?

Immer wieder ernte ich verdutzte Blicke, wenn ich erwähne, dass ich Beckenboden-Yoga anbiete. Wenn ich dann nachfrage, wird mir deutlich, warum mein Gegenüber so überrascht reagiert. Beckenbodentraining und Yoga sind mit Mythen belegt. Zum Beispiel:

  1. Yoga wird von vielen Menschen immer noch als reine Dehnpraxis angesehen, bei der es darum geht, sich in Positionen zu begeben, die eine hohe Beweglichkeit erfordern.
  2. Beckenbodentraining wird oft auf die altbekannten Kegelübungen reduziert, die lediglich die Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur umfassen. 

Wenn diese Vorstellungen immer noch in den Köpfen verankert sind, erscheint Beckenboden-Yoga tatsächlich wenig sinnvoll. Doch hier müssen wir einiges klarstellen.

Beginnen wir mit Yoga

Das eigentliche Ziel von Yoga ist NICHT, extrem beweglich zu werden und den Körper in unerreichbare Positionen zu zwingen. Vielmehr geht es darum, eine Verbindung zwischen Körper und Geist herzustellen. Je nach Yoga-Stil gibt es natürlich Haltungen, bei denen stark gedehnt wird (wie im Yin Yoga) oder die eher kraftvoll sind (wie im Ashtanga Yoga). Über die Jahre haben sich hunderte verschiedener Yogastile entwickelt, und jeder Yogalehrer vermittelt die Asana-Praxis auf seine ganz eigene Weise. Jede Yogaklasse ist daher nicht mit einer anderen direkt vergleichbar.

Interessant ist, dass der Beckenboden durch die Bandhas (energetische Verschlüsse) schon immer ein integraler Bestandteil der Yogapraxis war. Mula Bandha, der Wurzelverschluss, wird aktiviert, um die Energie vom Beckenboden nach oben in Richtung Nabel zu lenken und ein Entweichen nach unten zu verhindern, um die Energie im Körper zu halten.

Zusätzlich ist das erste Chakra am Beckenboden lokalisiert. Chakren sind Energiezentren entlang der Wirbelsäule. Das erste Chakra, das Wurzelchakra, symbolisiert Lebenskraft, Verbundenheit mit der Erde (Standfestigkeit) und mit sich selbst (Selbstvertrauen). Auf energetischer Ebene spielt es also eine wichtige Rolle für die Beckenbodengesundheit.

Die Atmung ist der Schlüssel zur Beckenbodengesundheit und ein wesentlicher Bestandteil jeder Yogastunde durch Pranayama (die Atempraxis). Durch bewusste Atemübungen wird das Zwerchfell stimuliert, wodurch nicht nur das Nervensystem in den „rest & digest Modus“ versetzt und der Geist beruhigt wird, sondern auch der Beckenboden automatisch mitschwingt, ohne dass wir ihn anspannen müssen. Durch die bewusste Wahrnehmung des Atems können wir unseren Körper besser spüren und gesunde Atemmuster für den Alltag entwickeln, da wir etwa 20.000 Mal am Tag ein- und ausatmen und dies einen großen Einfluss auf den Beckenboden hat.

Zurück zur Asana-Praxis der verschiedenen Yogastile: Es gibt für jeden etwas Passendes. Yin Yoga eignet sich für „Wikinger-Typen“, die eher schmelzende Dehnungen benötigen, um ihr Faszien-Gewebe zu stimulieren und Schmerzen vorzubeugen. Aktiveres und kräftigendes Yoga ist hingegen für zarte und bewegliche Menschen geeignet, die von kraftvollen Muskelübungen und tonisierendem Faszientraining profitieren. Und schließlich gibt es einen Mix aus allem, der diejenigen anspricht, die nicht zu 100 % in eine bestimmte Kategorie passen. Eine gute Mischung aus tonisierenden, kraftvollen, entspannenden und dehnenden Übungen. Denn meiner Meinung nach brauchen wir von allem ein bisschen – weder zu viel noch zu wenig.

Genau diese gesunde Balance versuche ich mittlerweile in meine Beckenboden-Yogastunden zu integrieren.

Yoga ist in jedem Fall ein „Training“ für den ganzen Körper, das die gesamte Muskulatur und das Fasziennetzwerk miteinbezieht. Also genau das, was wir für einen elastischen Beckenboden benötigen.

Die Beckenbodengesundheit umfasst mehr als nur einen starken Beckenboden

Der weit verbreitete Mythos, dass Beckenbodentraining lediglich lokal auf die Muskeln abzielt, ist längst überholt. Moderne Forschungsergebnisse zeigen, dass der Beckenboden zu mehr als der Hälfte aus Fasziengewebe besteht, dass die Hüftmuskulatur einen wesentlichen Einfluss auf die Blasenfunktion hat und dass Entspannung genauso wichtig ist wie Anspannung.

Wenn Beckenbodenprobleme auftreten, wird oft schnell und intensiv auf lokale Muskelübungen gesetzt, um die Muskelkraft rasch wiederherzustellen. Jedoch ist dieses Vorgehen meist unbefriedigend und nach den neuesten Erkenntnissen nicht ausreichend. Tatsächlich kann es sogar der Beckenbodengesundheit schaden. Manchmal wird vor lauter Ehrgeiz die Entspannung vernachlässigt, was zu einem zu hohen Muskeltonus im Beckenboden führen kann und weitere Probleme verursacht.

Ein ganzheitliches, modernes Beckenbodentraining umfasst Ganzkörperübungen für Faszien und Muskeln, stimuliert das umgebende Gewebe im Beckenbereich, setzt den Fokus auf Atmung und Stimmkontrolle, fördert Entspannung und Kräftigung, um ein ausgewogenes Körpergefühl zu schaffen, und bietet individuelle Optionen für verschiedene Körpertypen und unterschiedliche Beckenbodenbeschwerden.

Ein ganzheitliches, modernes Beckenbodentraining geht über die Matte hinaus und lässt sich in den Alltag integrieren, sei es beim Stehen, Gehen, Sitzen, Aufstehen, Aufräumen, Niesen oder Spielen.

Mein persönlicher Weg

Über lange Zeit hinweg praktizierte ich intensives, auf Kraft fokussiertes Pilates und belastete dabei meinen ohnehin starken Beckenboden durch falsch ausgeführte Core-Übungen noch stärker. Dies führte zu erheblichen Verdauungsproblemen, da es mir extrem schwerfiel, loszulassen. Dies war zweifellos auch auf den hohen Muskeltonus in meiner Beckenbodenmuskulatur zurückzuführen.

Erst als ich (zunächst sehr skeptisch) mit Yoga begann, erlaubte ich mir mehr und mehr loszulassen. Weicher zu werden. Die ersten Yogastunden waren gewiss keine Yin Stunden, sondern immer noch sehr aktiv. Dennoch gab es längere langsame Einheiten in denen Passivität gefragt war. Spüren. Wahrnehmen. Atmen. Das gemeinsame OM oder Mastern singen in den Stunden löste bei mir noch mehr. Wow. Yoga hatte mich. 

Nach meinen Geburten war der Beckenboden eher wenig tonisiert und ich brauchte wieder mehr Kraft. Auch hier hat mir eine gute Mischung von aktivem und entspannten Yoga geholfen, wieder in meine Mitte zu finden. Sowohl körperlich als auch emotional.

Warum passen Yoga und Beckenbodengesundheit so gut zusammen?

Ich persönlich finde, dass die Beckenbodengesundheit hervorragend in das Yoga integriert werden kann und habe in den letzten drei Jahren viele positive Rückmeldungen dazu erhalten. Auch wenn die Wege für jeden etwas unterschiedlich aussehen mögen, ist das übergeordnete Ziel für alle dasselbe: einen gesunden, elastischen Beckenboden zu haben, der Druck gut abfangen kann, keine Schmerzen verursacht, die Kontinenz sichert und Stabilität sowie Erdung bietet.

Mein „Restore Your Roots“ (RYR) Programm basiert auf Yoga und Beckenbodentraining, also auf Beckenbodenyoga. Um eine gewisse Individualität zu gewährleisten, biete ich das Programm sowohl für Schwangere als auch zur Rückbildung nach der Geburt an. Darüber hinaus gebe ich in meinen RYR Kursen in den unterschiedlichen Übungen verschiedene Optionen für Teilnehmer:innen mit zu viel oder zu wenig Spannung im Beckenboden. Vollkommene Personalisierung ist in meinen Einzelbegleitungen gewährleistet, bei denen ich auf die individuellen Bedürfnisse bestmöglich eingehen kann.

Was machen wir im Beckenboden Yoga auf der Matte?

  • Asanas für den ganzen Körper, besonders im Fokus, die Hüfte, der Po und das Core sowie die Füße, das Zwerchfell und das Kiefer
  • Meditative und entspannende Übungen zur Nervensystem Regulation, um den Tonus im ganzen Körper ins Gleichgewicht zu bringen.
  • Atemübungen, die dein Zwerchfell mitnehmen, welches eng mit dem Beckenboden verbunden ist
  • Federnde Tonisierung und schmelzende Dehnung bedeutender Faszienketten und Sehnen für den Beckenboden
  • Erdende Übungen und Visualisierungen, die dein Wurzelchakra auf energetischer Ebene gut versorgen
  • Tönen und singen, damit der Sprachboden mitschwingt und somit der Beckenboden an Elastizität gewinnt

Die Bandhas tauchen in meinen Stunden nicht auf, da aus meiner Erfahrung die Ausführung oft nicht ganz klar ist. Es wird einfach mal alles angespannt, ohne zu wissen, was da genau im Körper passiert. Allerdings ist die Bandha Praxis Vorreiter für das Hypopressive Training, das das innere Vakuum nutzt, um den inneren Druck zu vermindern und das Heben der inneren Organe fördert. Vielleicht taucht es also in dieser Form bald auch in meinen Stunden auf.

Was du beachten solltest, wenn du Yoga übst:

Generell ist Yoga eine wundervolle Bewegungsform, um die Beckenbodengesundheit zu unterstützen. Ich habe jedoch ein paar Punkte gefunden, die du beachten solltest, wenn du Yoga beckenbodenfreundlich integrieren möchtest. 

  1. Übe den Yogastil, der unterstützend für deine Konstitution ist bzw. suche Yogaklassen, die für die Körperhaltungen verschiedene Optionen anbieten und an- bzw. Entspannen gleichermaßen fördern.
  2. Dein Befinden und deine Bedürfnisse sind je nach Zyklus- und Lebensphase anders, auch daran solltest du deine Praxis anpassen.
  3. Versuche Balance und Gleichgewicht in die Haltungen zu bringen, indem du von deiner Körpermitte ausgehend anspannst und auch gleichermaßen immer wieder loslässt.
  4. Lass Savasana nicht aus, sondern nutze es als Tool, dein ganzes System zu entspannen, das tut auch dem Beckenboden gut.
  5. Solltest du Beschwerden haben, lass dich unbedingt von einer spezialisierten Beckenboden- Physiotherapeutin untersuchen, um herauszufinden, wo du stehst und das passende Programm für dich zu finden.
  6. Beckenbodentraining passiert nicht nur auf der Matte. Wenn du ganzheitlich etwas für deinen Beckenboden tun magst, solltest du deinen Alltag beckenbodenfreundlich gestalten. 

Möchtest du deine Beckenbodengesundheit auf das nächste Level bringen?